Der Glöckner von Notre Dame 2019
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RP 6. Dezember 2019
WZ 7. Dezember 2019

Ein Stück Notre Dame in Oedt

Mit der Aufführung „Der Glöckner von Notre Dame“ übertrifft sich das Grefrather Jugendtheater selbst. Alle Beteiligten haben ein berührendes Musical in einer gigantischen Kulisse auf die Bühne gebracht.

Bianca Treffer | Foto: Wolfgang Kaiser

Auf der dunklen Bühne der Albert-Mooren-Halle leuchten farbige Lichtpunkte schwach auf, als der Vorhang lautlos zur Seite schwenkt. Glocken erklingen, dann ertönt Gregorianischer Gesang. Mönche in langen Kutten treten aus Nebelschwaden heraus. Es sieht aus, als kämen die Mönche aus einer anderen Sphäre. Das Bühnenbild zeigt die Kathedrale von Notre Dame in Paris. Gewaltige Mauern und ein großes Holzwerk mit einer Empore, auf der ebenfalls Mönche stehen, rücken in den Blick. Kerzen flackern. Hell erleuchtete Kirchenfenster mit filigranen Motiven machen die Illusion, sich in einer Kirche zu befinden, perfekt.

Die Mönche schieben ihre Kutten zurück. „Was für ein Morgen. Paris geweckt von den Glocken von Notre Dame“, startet der erste Solopart des Musicals „Der Glöckner von Notre Dame“, aufgeführt vom Grefrather Jugendtheater unter der Leitung von Magdalena Bartkowiak und Julian Göbel. Ein bekanntes Stück, das vom Grefrather Jugendtheater ein eigenes Gesicht erhält. 25 Jugendliche und junge Erwachsene im Alter zwischen elf und 23 Jahren sind mit von der Partie.

25 Jugendliche und junge Erwachsene im Alter zwischen elf und 23 Jahren spielen und singen sich in die Herzen der Zuschauer. Wobei das gigantische Bühnenbild und die fantastischen Kostüme ein Übriges dazu tun, um einen ganz besonderen Zauber spürbar zu machen.

Der Clou: Die Geschichte an sich wird von singenden Mönchen erzählt, die sich im Laufe des Stückes in die entsprechenden Figuren verwandeln, die ein Teil der Geschichte sind. Die Besucher haben indes erfahren, dass es der 6. Januar 1482 ist und damit in Paris das Narrenfest gefeiert wird. Ein schicksalhafter Tag für die Brüder Frolloe, da einer von ihnen, da er eine Zigeunerin mit in die Kathedrale bringt, aus Notre Dame verbannt wird und Paris verlässt.

Damit nimmt das Schicksal seinen Lauf. Der verstoßene Mönch stirbt und sein geistlicher Bruder nimmt sich des verunstalteten Kindes, nämlich Quasimodo, an und isoliert es im Glockenturm der Kathedrale, fernab von allen Menschen. Es ist herzergreifend anzusehen, wie der buckelige und gebückt laufende Quasimodo – in der Rolle brillierte Julian Göbel – mit den Glocken und den Steinfiguren in seinem Glockenturm spricht und mit knorriger stotternder Stimme von seinen Wunsch erzählt, einmal unten, bei den anderen Menschen zu sein. „Du bist entstellt, du bist hässlich. Draußen verhöhnt man dich“, bekommt er von seinem Ziehvater, Erzdiakon Claude Frolloe, zu hören. Thilo Masbaum schafft es, den bornierten und von sich und seiner Gläubigkeit überzeugten Kirchenmann sehr glaubhaft darzustellen. Ein ergebener Quasimodo, der Frolloe zu Füßen liegt, aber nichtsdestotrotz sein Verbot missachtet und am Narrentag in das Paris der Menschen hinuntersteigt.

Es sind bewegende Szenen, als Esmeralda – hervorragend verkörpert von Amelie Schuffelen – beim Narrenfest Quasimodo die Kapuze vom Kopf zieht und zunächst selber über das Aussehen des Buckligen erschreckt, ihn aber ermutigt auch einmal den Kopf durch die Königsfigur zu stecken, um sich am Narrentag einmal wie der König zu füllen. Doch sie muss ihren Vorschlag bitter bereuen. Das Volk verhöhnt Quasimodo und greift ihn tätlich an. Esmeralda setzt sich für ihn ein, wird aber von Clopin Trouillefou – in der Rolle begeisterte Pasquale Osburg – selber des Platzes verwiesen. Erst Frolloe kann mit Unterstützung des Hauptmanns Phoebus de Martin - Andreas Rücker spielte diesen Part ausgezeichnet – den Sohn seines Bruders retten.

Die Geschichte an sich ist bekannt, aber die jungen Darsteller geben ihr eine ganz persönliche Note. Ob der Dialog zwischen Esmeralda und Frolloe in der Kathedrale, das fröhliche Treiben beim Narrenfest inklusive des Tanzes von Esmeralda, die weitere Begegnung zwischen Quasimodo und Esmeralda – die Gefühle der Zuschauer werden angesprochen. Eine Aufführung, die ans Herz geht und auch ein wenig zum Nachdenken anregt.


RP 21. Februar 2019

In Grefrath läutet bald der „Glöckner“

Mit großer Begeisterung macht Magdalena Bartkowiak seit über 20 Jahren Theater mit Jugendlichen. Das nächste große Projekt ist ein Musical nach einem Roman von Victor Hugo.

Im Grefrather Jugendheim probt die Theatergruppe unter der Leitung von Magdalena Bartkowiak. Die Qualität der Aufführungen hat sich inzwischen herumgesprochen.

Von Wilhelm Schöfer | Foto: Wolfgang Kaiser

„Schnippst ruhig dabei mit den Fingern und lächelt ein bisschen“, sagt die Regisseurin Magdalena Bartkowiak. Gerade treffen sich etwa 20 Jugendliche zwischen elf und 23 Jahren im katholischen Jugendheim an der Lobbericher Straße in Grefrath. Einige haben Textzettel in der Hand. Geprobt wird ein Song aus dem Musical „Rent, Seasons of Love“, der unter anderem bei der Liturgie für junge Menschen am Karfreitag in der Gemeinde St. Josef in Vinkrath dargeboten werden soll. Es ist nur einer von jährlich rund einem Dutzend von Auftritten, mit dem das Jugendtheater Grefrath seit langem auf sich aufmerksam macht.

Es war Anfang 1997. Ein Kind von Magdalena Bartkowiak, die ausgebildete Physiklehrerin ist und vor 58 Jahren in Polen geboren wurde, besuchte die damalige Johannes-Horrix-Grundschule. Und Schulleiter Hans Gorissen fragte die Eltern, ob sie nicht eine Arbeitsgemeinschaft leiten könnten. Bartkowiak sagte spontan: „Ja, ich habe Bock auf Theater.“ Zuerst wurde vor über 20 Jahren das 20-minütige Stück „Die Schildkröte und der Hase“ aufgeführt. Die Kinder, aber auch Magdalena Bartkowiak, bekamen immer mehr Spaß daran.

Daraus entstand das Grefrather Jugendtheater. Neben den Kindern waren zahlreiche Eltern begeistert von der Idee, schneiderten zu den immer größer und umfangreicheren Darbietungen die Kostüme, bauten Kulissen oder halfen bei der Technik. Das Jugendtheater hat sich mittlerweile nicht nur in der Niersgemeinde einen Namen gemacht.

Im Schwerpunkt standen Musicals, die monatelang geprobt wurden. So unter anderem „Jim Knopf“ (im Jahr 2000), „Tanz der Vampire“ (2007) oder „Das Dschungelbuch“ (2015). Im vergangenen Jahr wurde gleich viermal vor über 1400 Besuchern in der Albert-Mooren-Halle „Mary Poppins“ gezeigt. „Und ich hätte noch mehr Karten verkaufen können, denn es gab viele Nachfragen auch aus den benachbarten Großstädten“, sagte im Vorjahr Pächter Christian Karpenkiel.

Magdalena Bartkowiak, die bereits 2011 für ihr Engagement von der SPD den Grefrather Kulturpreis erhielt, macht dies alles ehrenamtlich. Zuletzt gönnte sich die Theaterleiterin auch selbst mal etwas und fuhr ins Apollo-Theater nach Stuttgart, um sich dort für einen Eintrittspreis von 160 Euro das Musical „Der Glöckner von Notre Dame“ anzuschauen. Das hatte aber einen Grund. Denn schon vorher hatte sie sich entschieden, dieses Musical im Dezember 2019 in Grefrath aufzuführen. Dann nicht vier-, sondern wegen der großen Nachfrage an drei Tagen gleich fünfmal.

Erst vor wenigen Tagen wurden die jungen Schauspieler und Schauspielerinnen über das Stück nach einem Roman von Victor Hugo unterrichtet. „Ich habe zwar schon im Hinterkopf, wer die Hauptrollen spielen wird, so Quasimodo oder Esmeralda, sage es aber noch nicht, wir warten erst einmal die nächsten Wochen ab.“ Nebenher wird auch noch für andere Auftritte geübt. So für die Karnevalsparty am 3. März im Buschbäckerhof in Vinkrath.

Teilweise seit einigen Jahren kommen die jungen Theaterschauspieler, derzeit sind es 26, zu den regelmäßigen Treffs ins Jugendheim, immer mittwochs von 17 bis 19 Uhr. So macht der 23-jährige Julian Göbel seit 15 Jahren mit; er hatte als Drittklässler in der Theater-AG der Johannes-Horrix-Schule begonnen. Julian, der an der Hochschule Niederrhein Soziale Arbeit studiert und entweder Sozialarbeiter oder Schauspieler werden möchte, erzählt: „Ich habe hier viele soziale Dinge gelernt, wie das Teamwork und den Zusammenhalt untereinander, bin selbst dadurch viel selbstbewusster geworden.“

Elisa Schwirtz (18), die die Q 2 der Mülhausener Liebfrauenschule besucht und 2017 die Elisabeth im gleichnamigen Musical spielte, ist ebenso seit langem dabei. Einer der Jüngsten ist der elfjährige Louis. „Es ist sehr cool hier“, sagt kurz und knapp der Schüler der Grefrather Sekundarschule. Ein Jahr älter ist Moritz, der auch seinen Opa, den Arzt Peter Feyerabend, überzeugte. Seit 2017 sorgt der Großvater mit für die stimmliche Ausbildung. Louis und Moritz hatten sich bei „Mary Poppins“ die Rolle des Michael geteilt.

„Wir schaffen selbst das Unmögliche“, sagt Magdalena Bartkowiak. Als Beispiel erzählt sie, dass keiner ihrer Schüler Monate vor der Aufführung des Musicals „Mary Poppins“ steppen konnte, das habe man erst bei einem Workshop in Kevelaer so richtig gelernt. Und ans Aufhören denkt sie noch lange nicht: „Es macht mir selbst noch einen Riesenspaß.“

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